Rede zum Kreishaushalt 2023 - Felix Fischer

Haushaltsrede 2023 Felix Fischer

Sehr geehrter Herr Landrat Hurth,
sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,
liebe Kolleginnen und Kollegen des Kreistages,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

zunächst möchte ich mich im Namen der FDP-Fraktion bei der Verwaltung, insbesondere bei Herrn Bader für die Aufstellung des Haushalts sowie die Beantwortung offener Fragen bedanken.

Bei der Formulierung dieser Haushaltsrede fiel mir auf, dass es noch nie so schwer war, eine kommunale, auf den Landkreis Emmendingen und seine Spezifika beschränkte Haushaltsrede zu formulieren. Unwägbarkeiten, auf die wir hier auf kommunaler Ebene wenig Einfluss haben, wohin das Auge reicht. Deshalb bitte ich schon jetzt um Verständnis, dass es zur Einordnung der ein oder anderen Fragestellung meiner Rede den Blick auf´s Große Ganze bedarf.

Wir alle haben gehofft, nach den vergangenen Corona-Jahren endlich zur Normalität zurückkehren zu können. Die mittel- und langfristigen Folgen dieser Zeit werden auch die Bürgerinnen und Bürger des Landkreises – werden uns – noch lange begleiten.

Doch damit nicht genug. Es herrscht Krieg, mitten in Europa!
Durch den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine haben bereits tausende Menschen ihr Leben verloren. Die mittelbaren Folgen in Gestalt von Fluchtbewegungen und steigenden Preisen treffen uns auch hier im Landkreis Emmendingen. Hoffen wir alle gemeinsam, dass dieser Albtraum bald ein Ende findet.

Krisensituationen bringen aber immer auch Solidarität und Mitmenschlichkeit zu tage. Völlig geräuschlos und in atemberaubender Geschwindigkeit konnte im Landkreis Emmendingen die Unterbringung zahlreicher vom Krieg vertriebener Menschen in Privatunterkünften organisiert und damit die Belegung öffentlicher Hallen vermieden werden. An dieser Stelle ganz herzlichen Dank alle Beteiligten!

Landrat Hurth sprach in seiner Rede zur Einbringung des Haushalts davon, dass wir uns – unter Verweis auf den demographischen Wandel - inmitten eines „Jahrzehnts des Umbruchs“ befänden und es deshalb eines grundsätzlichen Reform- und Veränderungsprozesses bedarf. Die viel zitierten Präsidenten der kommunalen Landesverbände haben recht, wenn sie in einem offenen Brief an die Landespolitik resümieren, dass die Zeit eines ungebremsten Draufsattelns bei Standards, Rechtsansprüchen und staatlichen Leistungen vorbei sei.
Wir alle - wie wir hier sitzen – sind dazu aufgefordert, diese Erkenntnis innerhalb unserer Parteien salonfähig zu machen und das „Weiter so“ zu beenden. Wir sind aufgrund anhaltenden Regulierungswahns dabei, unseren Wohlstand zu verspielen. Lassen wir es so weit nicht kommen.
Es braucht den parteiübergreifenden Schulterschluss aller kommunal vertretenen demokratischen Parteien und Vereinigungen, welcher in der Verfassung einer parteiübergreifenden Stellungnahme mündet. Ich werde diesbezüglich auf die Kolleginnen und Kollegen Fraktionssprecher zukommen. Lassen Sie uns gemeinsam für eine nachhaltige Aufgabenkritik sorgen und nicht auf kommunaler Ebene an der notwendigen Personalausstattung sparen, um an dieser Stelle unser Abstimmungsverhalten bei der beantragten Stellenreduzierung zu erklären.

In direktem Zusammenhang zu dieser Thematik steht der nach wie vor bestehende Wunsch der Kreisverwaltung nach einem Verwaltungsneubau.
Ja, wachsende Aufgaben bedeuten steigende Personalzahlen, so denn überhaupt genügend Personal gefunden wird. Im Ringen um die knappe „Ressource Personal“ braucht es kreativere Ansätze. Monetäre Anreize sind aufgrund der Tariftabellen des öffentlichen Dienstes nur in eng begrenztem Rahmen möglich. Viele Menschen wünschen sich aber flexiblere Arbeitszeitmodelle und moderne Arbeitsformen. Wir freuen uns deshalb sehr, dass die Verwaltung unsere Anregungen zur Einbindung neuer Arbeitsformen bei der Konzeptionierung eines etwaigen Verwaltungsneubaus aufnimmt und insbesondere die Digitalisierung als Chance begreift. Wir hoffen und sind zuversichtlich, dass durch konsequenten Einsatz dieser Möglichkeiten ein Neubau nicht im ursprünglich avisierten Umfang notwendig wird.

Auch mit Blick auf die Kreisfinanzen muss uns klar sein, dass es ein „Weiter so“ nicht geben kann. Zum dritten Mal in Folge legt uns die Kreisverwaltung einen Haushaltsentwurf vor, der keinen ausgeglichen Ergebnishaushalt beinhaltet. Dennoch war eine lediglich moderate Erhöhung der Kreisumlage um 0,5 auf 27,2 Punkte aus unserer Sicht in diesem Jahr die richtige Entscheidung. Die kreisangehörigen Kommunen stehen teilweise selbst mit dem Rücken zur Wand. Noch vorhandene Rücklagen könnten insbesondere durch den Ausbau von Kinderbetreuungsangeboten schnell aufgebraucht sein. Insofern braucht es nicht nur mit Blick auf die Landes- und Bundespolitik einer echten Aufgabenkritik. Auch wir Kreisräte müssen uns einer vertiefenden Diskussion darüber stellen, welche Aufgaben der Kreis weiterhin oder künftig für die Kommunen übernimmt. Klar ist für uns als FDP-Fraktion, dass der Besteller auch bezahlen bzw. den Übernehmer mit entsprechenden auskömmlichen Finanzmitteln ausstatten muss. Mit eigenen kostenverursachenden Anträgen haben wir uns folgerichtig in diesem Jahr zurückgehalten und lediglich die Investitionsvorschläge der Verwaltung unterstützt.

Das derzeit größte und für die Bürgerinnen und Bürger leidigste Thema spielt einmal mehr bzw. noch immer im Bereich des ÖPNV. Die Zustände auf der Breisgau S-Bahn sind inakzeptabel, auf der Elztalbahn sogar katastrophal. Davon konnte ich mich heute Morgen wieder einmal selbst überzeugen. Durch die Elektrifizierung der Elztalbahn wollten wir einen echten Beitrag zum Klimaschutz leisten und mehr Menschen einen Umstieg auf klimaschonende Züge ermöglichen. Man muss aktuell das Resümee ziehen, dass dieses Ziel kläglich gescheitert ist und mehrere Millionen Euro Steuergelder dahin sind. Züge kommen verspätet, oder fahren überhaupt nicht. Verspätungen oder Ausfälle werden oft weder am Bahnsteig noch in der Bahn-App angezeigt. Pendlerinnen und Pendler sowie Schülerinnen und Schüler können die Elztalbahn faktisch überhaupt nicht nutzen, weil weder Abfahrt noch Ankunft kalkulierbar sind. Der Individualverkehr hat in den letzten Jahren im Elztal wieder zugenommen, weil die Menschen sich nicht auf ihre Züge verlassen können. Ersatzbusse können ebenfalls nicht immer rechtzeitig oder mangels ausreichend vorhandenen Bussen und vor allem Busfahrern zur Verfügung gestellt werden. Vor diesem Hintergrund ist es gerade zu grotesk, wenn unser Landtagsabgeordneter Schoch lieber von einer neuen Freizeitbuslinie auf den Kandel fantasiert, anstatt sich der mehr als offensichtlichen Überforderung seines Verkehrsministers Hermann anzunehmen. Das Land wird hier seiner Verantwortung in keinster Weise gerecht und räumt den so oft beschworenen Klimaschutz – für den parteiübergeifender Konsens besteht – quasi im Alleingang ab. Seien Sie versichert, dass wir hier weder auf Kreis- noch auf Landesebene aufhören werden, den Finger in die Wunde zu legen. Sie sind den Bürgerinnen und Bürgern des Elztales, ja ihren Wählerinnen und Wählern hier endlich eine tragfähige und vor allem schnelle Lösung schuldig.

Große Sorgen bereiten uns auch die Finanzsituationen von Kreiskrankenhaus und MVZ. Wir bekennen uns klar dazu, dass eine wohnortsnahe klinische Versorgung Geld kosten darf und auch muss. Die Investitionen in den neuen Eingangsbereich sowie in den neuen OP-Trakt sehen wir auch mit Blick auf die Attraktivität des Klinikums als notwendig an. Den Erhalt unseres Kreiskrankenhauses stellen wir folglich nicht in Frage. Ein zu erwartendes Defizit von 4,8 Mio. Euro im Jahr 2023 muss aber eine absolute Ausnahme bleiben. Wir erwarten hier konkrete Maßnahmen zur Erreichung eines zukünftig weitaus geringeren Defizits. An dieser Stelle wissen wir, dass die Krankenhäuser nicht allein Verbesserungen erreichen können, zumal die Preise durch enge gesetzliche Vorgaben weitgehend vorgegeben sind. Bei der Verhandlung des Landesbasisfallwertes finden beispielsweise die in Baden-Württemberg überdurchschnittlichen Lohn- und Gehaltskosten keine Berücksichtigung. Auch die gestiegenen Energie-, Lebensmittel- und Sachkosten bleiben bei dessen Berechnung außen vor. Wir unterstützen deshalb ausdrücklich den Beitritt zur Kampagne der Landeskrankenhausgesellschaften „Alarmstufe Rot – Krankenhäuser in Gefahr“. Anders verhält es sich mit dem MVZ. Eine mit niedergelassenen Ärzten in Konkurrenz stehende öffentliche Einrichtung muss kostendeckend arbeiten. Andernfalls sehen wir hierfür mittelfristig keine Zukunft.  An dieser Stelle nochmals herzlich Willkommen an den neuen Geschäftsführer Herrn Müller und bonne fortune für diese Herkulesaufgaben. Wir sind uns sicher, dass Sie dieser Aufgabe, gemeinsam mit den großartigen Teams unseres Kreiskrankenhauses und des MVZ, deren Arbeit sich durch hohen persönlichen Einsatz auszeichnet, gerecht werden.

Dieser Dank gilt auch für Herrn Ettwein und sein Team des Kreisseniorenzentrums. Die soeben beschriebenen widrigen Gesamtumstände haben auch vor Ihrem Hause nicht Halt gemacht. Das diesjährig erwirtschaftete Defizit fällt mit Blick auf die erfolgreichen vergangenen Jahre völlig aus der Reihe, wodurch nochmals unterstrichen wird, dass dieses nicht auf strukturelle Schwierigkeiten, sondern vielmehr auf nicht von Ihrem Hause zu vertretende Umstände zurückgeht.

Abschließend bleibt bei allen vor uns liegenden Herausforderungen festzuhalten, dass wir in einem außerordentlichen lebens- und liebenswerten Landkreis zu Hause sind und zukünftige Chancen die Risiken weit überwiegen, vorausgesetzt wir nutzen sie!
Danken möchten wir allen Mitarbeitenden für ihre großartige Arbeit zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger des Landkreises Emmendingen.
Herzlichen Dank auch an die Kolleginnen und Kollegen des Kreistages für die gute, faire und konstruktive Zusammenarbeit.

Dem Wirtschaftsplan für den Kreishaushalt sowie der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe Kreiskrankenhaus, Kreisseniorenzentrum und MVZ stimmen wir zu.

Herzlichen Dank!

Felix Fischer
Fraktionsvorsitzender